"Untied Artists":
Mit Unternehmenstheater auf der Suche nach Konfliktlösungen
Von Ingrid Nicolai
Da stehen sie nun in
Reih und Glied am Urinal. Die Natur verlangt von ihnen zufällig zur
gleichen Zeit, was ihnen sonst kaum möglich scheint, gemeinsame Sache
zu machen; wenigstens für ein paar Sekunden, eine halbe Minute vielleicht.
Die Herren in Nadelstreifen aus der Manager-Etage müssen... und sie
müssen heute noch was ganz anderes. Kommunizieren, miteinander reden,
streiten. Sie wurden nämlich eingesperrt.
Was sich ein bißchen anhört wie der Wunschtraum eines frustrierten kleinen Angestellten, kann ganz schnell Wirklichkeit werden. Auf der Bühne eines Unternehmenstheaters beispielsweise und besonders dann, wenn Martin Plass (am liebsten auf) und Frank Bollinger (am liebsten hinter der Bühne) mitwirken. Der Wiesbadener Schauspieler und der Frankfurter Regisseur haben in Sachen Unternehmenstheater, einer "Erfindung" aus Amerika, die in Deutschland seit einigen Jahren immer beliebter wird, schon reichlich Erfahrung. Über Künstlerkollegen und eine Agentur lernten sie dieseTheaterform als Konfliktlösungsmittel und Mittel der Mitarbeiterschulung kennen und sind seitdem von dieser Idee so überzeugt, daß sie Unternehmenstheater nun auch in ihrer eigenen Gesellschaft anbieten. Bei "Untied Artists Kunst- und Kulturproduktionen GbR", die vor kurzem in Wiesbaden gegründet wurde, gibt es dankeines umfangreichen Künstlerpools (alles freiberuflich arbeitende Profis) maßgeschneiderte Produktionen, die 20 Minuten oder auch eineinhalb Stunden dauern können. |
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"An erster Stelle muß
ein Konzept stehen", erklärt Plass, daß Unternehmenstheater
nur einer von vielen Bausteinen sein kann, wenn der Unternehmensführung
Wohl und Zukunft der Mitarbeiter und der Kunden wirklich am Herzen liegen.Wurde
die Problematik bereits angerissen, kann mit der Vorarbeit für das
Stück, den Recherchen, begonnen werden. Nach Gesprächen in verschiedenen
Abteilungen, beispielsweise Service und Verkauf, entsteht die erste Fassung
eines Textbuches, das abgenommen werden muß. "Das ist manchmal gar
nicht so einfach", haben Plass und Bollinger die Erfahrung gemacht, daß
die Betroffenen zwar meist gut formulieren können, wo der Schu drückt,
doch, wenn sie das Ganze schwarz auf weiß sehen, gerne einen Rückzieher
machen. "Dann müssen wir Mut machen", sagt Bollinger.
Industrie- oder Bürobetrieb, große oder kleine Firma. "Im Bereich Kommunikation liegt das Problem", sagt Plass. Trotzdem kann es kein Einheitsstück für alle geben. "Wir müssen nah an der Unternehmensrealität bleiben, die Sprache dort berücksichtigen und dann unsere Karikaturen zeichnen, ohne bösartig zu werden", setzt Plass auf Originalität. Wer freilich nur Imagepflege betreiben und seine Firmenziele darstellen möchte, kann sich ebenfalls mit "Untied Artists" in Verbindung setzen. "Wir organisieren gerne ein 'event' in jeder gewünschten Größenordnung." |