In Frankfurt lebe ich, seitdem ich mit 18 Jahren aus Schottland nach Deutschland kam. Die Stadt ist mir vertraut wie keine zweite - sie ist nicht sehr groß, in einer halben Stunde gelangt man von einem Ende zum anderen.
Im Lauf der Zeit ist ein Wolkenkratzer nach dem anderen emporgewachsen. Alte und nicht so alte Gebäude wurden abgerissen, dafür wurden neue gebaut.
In den letzten 18 Jahren habe ich in unregelmäßigen Abständen immer wieder Aufnahmen der Stadt gemacht. Einerseits lebe ich hier schon lange, andererseits sehe ich aber auch noch heute vieles mit den Augen einer Fremden. Frankfurt wirkt manchmal wie eine weitläufige, kosmopolitische Stadt, oft aber geht es hier eher beschaulich - gemütlich zu: Es ist alles da, was man von großen Städten der Welt kennt, nur eben in kleinerem Format.
Meine Fotografien fangen Straßenszenen ein, in denen die gebaute Stadt einen Kontrast zu den Menschen bildet, die ich auf der Strasse anspreche. Die Bilder geben meinen Eindruck der Stadt als eine Mischung zwischen Anonymität und Vertrautheit wieder.

Anders als Frankfurt ist London natürlich eine echte Weltstadt. Auch ich selbst nehme hier eine ganz andere Haltung ein, nämlich die der Touristin, die bei jedem Besuch neue Entdeckungen macht. An jeder Ecke wird das Auge zum Hinschauen angeregt. Alles wirkt so neu und anders als in Frankfurt - eine andere Architektur, viel mehr Menschen, Autos, Läden, Plakatwände, mehr Betriebsamkeit. Die Stadtkultur ist mir vertraut, und dennoch fühle ich mich als Fremde.

Die Aufnahmen von den Strassen in London und Frankfurt zeigen die Unterschiede aber auch die Ähnlichkeiten im städtischen Lebensgefühl auf den Strassen der beiden Städte. Eine der beiden liegt in meinem Land, die andere ist meine Heimat.

Morag Minner